Neulich habe ich einen Anruf von einem Bankberater bekommen.
Als Angestellter meiner Bank kann er mein Depot einsehen. Ich nehme an, er hat
gezielt Kunden ausgewählt, die relativ viele Einzelaktien halten. Dann hat er
versucht, mir das Investieren in Einzelaktien madig zu machen: das sei ja viel
zu riskant. Die Bank hingegen habe ein Modell, das immer alles richtig mache:
einen Fonds, der zum richtigen Zeitpunkt in den Markt ein- und aussteige. Okay,
ganz so angeberisch hat er es nicht formuliert, aber der Fonds macht jedenfalls
alles besser als ein dummer Privatanleger („dumm“ hat er natürlich auch nicht
gesagt).
Normalerweise lasse ich mich auf Verkaufsgespräche gar nicht
erst ein, aber ich unterhalte mich gerne über Börse und Märkte. Am Ende des
Gesprächs sagte ich ihm, er könne mir gerne Infomaterial schicken.
Danach analysierte ich das Gespräch. Die meiste Zeit hatte
der Mann mir lediglich das Stockpicking ausreden wollen, das Kaufen von
Einzelaktien. Ziemlich dumm von ihm. Er hatte ja mein Portfolio gesehen und
hätte erkennen müssen, dass hier ein begeisterter, wenn auch nicht immer erfolgreicher
Stockpicker am Werk ist. Bei alledem hat er nicht viel über sein wunderbares
Produkt verraten. Er hat nur gesagt, er könne anhand einer Formel zeigen, wie sein
risikoarmes Wunderprodukt im Vergleich mit meinem Portfolio abgeschnitten
hätte. Mangels Interesse habe ich nicht weiter nachgefragt. Aber er ist ja der
Verkäufer, da hätte er das Produkt auch ohne besondere Aufforderung besser
beschreiben müssen.
Bankberater lesen das wahrscheinlich ungern, aber: ich halte
meinen Anrufer für jemanden, der A) Kommissionen verdienen will und B) von
Vorgesetzten unter Druck gesetzt wird, möglichst viel von einem vorgegebenen
Produkt zu verkaufen. Also für jemanden, der in erster Linie eigene Interessen
verfolgt.
Er hat mir dann tatsächlich auch was geschickt: zwei Charts
mit dem Titel „Vergleich historischer Entwicklungen“. Darauf sind zwei Kurven
zu sehen, von denen eine die andere um Längen schlägt. Die bessere Kurve ist
natürlich das Wunderprodukt der Bank. Der Mann muss ganz schön unter Stress
stehen, denn irgendwie hätte er schon ein Anschreiben in den Briefumschlag
stecken sollen. Nichts Individuelles, aber einen Brief halt. Darin hätte er
nochmal in ein paar Sätzen sein Wunderprodukt anpreisen sollen. Am besten mit
ein paar guten Argumenten. Aber nein, er hat nur einen Screenshot ausgedruckt.
Hier also meine Tipps für Bankberater:
Versuchen Sie nicht, einem begeisterten Stockpicker, und sei
er noch so schlecht, das Kaufen von Einzeltiteln auszureden. Empfehlen Sie ihm
lieber, einen Teil seines Vermögens in Ihr Produkt zu investieren und dann zu
vergleichen – vielleicht ist Ihr Produkt ja tatsächlich besser. Da er viele
verschiedene Einzelinvestments besitzt, ist es doch gar nicht so
unwahrscheinlich, dass er Ihr Produkt als weiteres Einzelinvestment dazunimmt.
Schicken Sie nicht einfach irgendwelche Screenshots an einen
Kunden. Ein Anschreiben (gerne auch standardisiert) gehört einfach dazu. Und
ein paar gute Argumente.
Knallharte Analyse! Du sprichst mir aus der Seele :)
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